Ihr Wegweiser für Sicherheits- und Veranstaltungsneuigkeiten
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Im Bahnverkehr können Wasserstoff- und Batteriesysteme künftig die dieselbezogene Antriebstechnik bei Zügen im Nahverkehr ersetzen – vor allem auf nicht elektrifizierten Strecken. Die neue Antriebstechnik ist nachhaltig, stellt aber hohe Anforderungen an die Sicherheit und Verfügbarkeit.
Der Ausbau von Oberleitungen für nicht elektrifizierte Strecken ist kostenintensiv und auf Nebenstrecken nicht immer wirtschaftlich. Alternative Antriebe mit Wasserstoff schließen die vorhandenen Lücken und ermöglichen je nach installierter Technik Reichweiten von 700 bis zu 1000 Kilometern. Das entspricht in der Regel einem kompletten Tageseinsatz.
Die unterschiedlichen Nutzungsformen von Wasserstoff im Bahnverkehr fasst der Begriff „Hydrail“ zusammen – unabhängig davon, ob es sich um eine effiziente Brennstoffzelle oder einen im Wirkungsgrad optimierten Wasserstoffmotor zur Energieerzeugung handelt.
Die Brennstoffzelle gewinnt die elektrische Energie für den Antrieb und die Bordsysteme aus dem in Tanks gespeicherten Wasserstoff und dem Sauerstoff der Umgebungsluft. Eine Traktionsbatterie auf Lithium-Ionen-Basis dient als Puffer für die Traktionsenergie am Rad. Diese wird einerseits von der Brennstoffzelle gespeist und anderseits auch durch die Nutzung der kinetischen Energie beim regenerativen Bremsen wieder aufgeladen (Rekuperation). So werden ca. 30 Prozent der Traktionsenergie je nach Einsatzgebiet und dem sogenannten Fahrspiel zurückgewonnen.
Als Alternative kann ein mit Wasserstoff betriebener Motor eingesetzt werden. Auch diese Technologie entspricht der Vorgabe einer Zero-Emission. Auch bei der Umrüstung von Fahrzeugen mit Dieselmotoren rückt Wasserstoff immer mehr in den Fokus. Das ist besonders für Bestandsfahrzeuge interessant, die noch keine lange Lebensdauer haben bzw. gerade erst in Betrieb genommen wurden. Ein Vorteil des Verbrennungsmotors: Der Reinheitsgrad des Wasserstoffs kann dabei geringer sein als bei einer Brennstoffzelle, was die Bezugskosten senkt und auch die Verwendung von in der chemischen Industrie als Abfallprodukt anfallendem Wasserstoff ermöglicht, der sonst in thermischen Prozessen verbrannt oder über Schlote abgefackelt wird.
Für den Betrieb von Schienenfahrzeugen mit Wasserstoff und die damit verbundene neue Technik ist eine Genehmigung auf Grundlage einer Sicherheitsprüfung erforderlich. TÜV SÜD Rail kann als unabhängige und akkreditierte Inspektionsstelle nicht nur die Sicherheit der Komponenten und des Fahrzeugs, sondern auch das Betriebskonzept und die erforderliche Infrastruktur prüfen und nutzt dafür das Know-how und die Erfahrungen von Wasserstoff-Experten aus dem gesamten TÜV SÜD-Konzern.
In den vergangenen acht Jahren haben die TÜV SÜD-Experten die Firma Alstom in Salzgitter bei der Entwicklung und Zulassung eines Triebzuges mit Wasserstoffantrieb begleitet. Der Coradia iLint nutzt zwei Brennstoffzellen zur Umwandlung von Wasserstoff in elektrische Energie. Zwei Lithium-Ionen-Batterien dienen als Puffer zwischen den Brennstoffzellen und dem elektrischen Antrieb.
Die TÜV SÜD-Experten waren bereits in die Festschreibung der Anforderungen an das Gesamtsystem (Fahrzeug / Instandhaltung / Betrieb / Ereignisbeherrschung) eingebunden und übernahmen die sicherheitstechnische Prüfung der Konzeption und der abschließenden Ausführung. Durch kontinuierliche entwicklungsbegleitende Prüfungen war gewährleistet, dass die am Anfang definierten Sicherheitsanforderungen am Ende für die Betriebsgenehmigung erfüllt wurden. Ein deutliches Plus an Planungssicherheit – auch in Hinblick auf etwaige Technikmodifikationen für die gerade anlaufende Serienproduktion.
Die systemübergreifenden Prüfungen umfassten nicht nur die Energieerzeugungstechnik, die Wasserstoffspeicher auf dem Dach und die sicherheitstechnische Begutachtung des Zusammenwirkens der verschiedenen Wasserstoff-Subsysteme im Fahrzeug, sondern auch die notwendige Tankstellentechnik und die sicherheitstechnischen Einrichtungen für die Fahrzeugwartung in den Instandhaltungsanlagen. Ein besonderer Fokus lag auf der Erfüllung der bahnspezifischen Sicherheitsanforderungen und der speziellen betrieblichen Randbedingungen sowie der damit verbundenen Stresseinflüsse.
Zudem koordinierte TÜV SÜD Rail alle beteiligten zulassungstechnischen Disziplinen auf Seiten von TÜV SÜD. Dazu zählten beispielsweise die Begutachtung der für den Betrieb erforderlichen stationären Wasserstoff-Betankungsanlagen oder Schulungen und Workshops mit der Feuerwehr und den örtlichen Einsatzkräften.
Das Eisenbahnbundesamt hat die beiden Vorserienzüge im Jahr 2018 zur Erprobung der Betriebstauglichkeit zugelassen. Die Zulassung erfolgte auf Basis eines europaweit gültigen TSI-Zertifikats zu den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität sowie der im Rahmen der Entwicklung definierten Nachweisgrundlagen. Die Zulassung für die Serienfahrzeuge steht unmittelbar bevor, so dass der Betriebsstart bei der LNVG im Jahr 2022 erfolgen kann. Damit zeigte das Projekt einen Weg auf, wie eine für den Bahnsektor neue Technologie korrekt implementiert werden kann, ohne dass bereits ein umfassendes Regelwerk dafür vorliegt. In der Industrie sind Wasserstoff- und Batterietechnologien schon länger im Einsatz. Hier gibt es bewährte Sicherheitsstandards und Normen, die auch für Hydrail-Technologien zur Anwendung kommen können.
Mit den Praxiserfahrungen aus den laufenden Projekten können die TÜV SÜD-Experten ihre fachliche Expertise in die Generierung bzw. Weiterentwicklung von bahnspezifischen Normen und Regelwerken einbringen und die Fahrzeug- sowie die Zulieferindustrie effizient unterstützen.
Für Fragen steht Ihnen gerne zur Verfügung: Dr. Jürgen Heyn, Leiter „Innovationen im öffentlichen Transport“, anerkannter Gutachter und Lead Assessor bei der TÜV SÜD Rail GmbH
Quelle: Technik in Bayern, 4/2021
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