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Nächster Halt: Crashtest

In Sachsen betreibt TÜV SÜD Rail eine Eisenbahn-Versuchsanlage, groß wie sieben Fußballfelder. Hier betreuen unsere Kollegen Kunden aus der ganzen Welt. Auf Entdeckungstour mit Prüfstellenleiter Felix Bührdel.

TS_Felix Bührdel

Felix Bührdel auf unserem Prüfungsgelände in Görlitz

Licht? An! Kamera? Läuft! Und: Action! Ein mit Beton gefüllter, 80 Tonnen schwerer Kesselwagen setzt sich auf dem Gleis in Bewegung, wird auf 35 km/h beschleunigt. Wenige Sekunden später crasht der Wagen mit voller Wucht gegen einen massiven Block aus Stahlbeton. Es kracht, der Aufprall ist weithin hörbar. Eisen und Stahl verformen sich, Rauch entsteht.

Was wie eine Szene aus einem Hollywood-Actionfilm klingt, ist ein typischer Crashtest und damit ein Stück Alltag auf dem riesigen Gelände von TÜV SÜD Rail in Görlitz. Die Festigkeitsprüfung wird auf einem eigens dafür installierten Auflaufgleis durchgeführt und dient dazu, das Verhalten des Dämpfers zu analysieren. Mit den Kameraaufzeichnungen können die Kollegen die Deformationen im Anschluss in Zeitlupe auswerten.

Mit Hollywood hat der Crashversuch also nichts zu tun – dennoch fand auf dem Gelände schon so mancher Dreh statt. „Vor ein paar Jahren liefen bei uns Arbeiten für eine Dokumentation über Moby Dick, bei der gezeigt wurde, welche Kräfte wirken, wenn ein tonnenschwerer Wal mit 15 km/h auf ein Holzboot aufprallt“, berichtet Felix Bührdel, der die im Westen von Görlitz gelegene Prüfstelle mit 14 Mitarbeitern seit rund einem Jahr leitet. Schon seit 2016 war Bührdel stellvertretender Abteilungsleiter, sein duales Studium Elektrotechnik schloss er 2012 bei TÜV SÜD ab.

Crashs mit 27 Güterwagen

Es ist ein kalter und grauer Frühjahrsmorgen. Felix Bührdels Arbeitstag beginnt in der Regel um 7 Uhr. Wir sind mit dem Schienenfahrzeug-Experten zu einer Tour über das Gelände verabredet. Mit einer Fläche von 50.000 Quadratmetern ist es so groß wie sieben Fußballfelder. Industriegebäude säumen das sonst eher karge Areal. Treffpunkt ist der Eingang im Norden, erster Stopp die acht Meter hohe und rund 550 Quadratmeter große Prüfhalle. Sofort ins Auge sticht die Hebebockanlage, die gerade ein Fahrzeug nach oben hievt, das sowohl auf Gleisen als auch auf Straßen fahren kann. In einer anderen Ecke der Halle bereiten zwei Mitarbeiter konzentriert eine Prüfung vor, die am Nachmittag über die Bühne gehen soll. Wir wollen nicht weiter stören, gehen wieder hinaus ins Freie.

Felix Bührdel prüft alle Bauteile genau.

 

Als Leiter der Prüfstelle hat Felix Bührdel stets alles im Blick.

TS_Prüfung der Bauteile  

Die Bauteile der Züge werden auf Herz und Nieren geprüft.

Bevor wir bei der nächsten Station ankommen, gibt unser Experte einen Überblick über das bereits seit 1964 bestehende Gelände, das 2008 in den Besitz von TÜV SÜD überging. „Heute führen wir hier im Schnitt eine Prüfung pro Tag durch. Dafür stehen uns zum Beispiel für Crashversuche eine Rangierlok, 27 verschiedene Güterwagen und ein Messwagen zur Verfügung. Dazu sind insgesamt rund 4,5 Kilometer Schienen verbaut“, berichtet Felix Bührdel begeistert.

Kunden aus aller Welt

Die Vorteile des umfassenden Angebots nehmen mittlerweile Kunden von Chile bis China wahr. Um international anerkannte Prüfungen von Tankcontainern betreuen zu können, ist die Görlitzer Versuchsanlage seit 2007 sogar offiziell nach kanadischer Norm akkreditiert – nach einer dortigen Zertifizierungsstelle, wie Bührdel erläutert. Geprüft werden unterschiedliche Containertypen für den Transport gefährlicher Flüssigkeiten.

Doch warum entscheiden sich Unternehmen am anderen Ende der Welt, ihre Komponenten aufwendig nach Deutschland zu verschiffen? Den Chef der Anlage wundert das nicht: „TÜV SÜD steht international für Qualität und Zuverlässigkeit. Außerdem bieten wir hier eine Vielzahl an Prüfungen kompakt an einem Ort an, und auch preislich bewegt sich das im richtigen Rahmen.“ Ebenfalls weltweite Kunden hat die zweite Versuchsanlage von TÜV SÜD Rail in Halle/Saale. Dort finden Tests für die Prüfgebiete Fahrtechnik, Bremstechnik, Ermüdungsfestigkeit und Stromabnehmer statt.

Wir stehen jetzt inmitten eines weit verzweigten Schienennetzes, das sich scheinbar zufällig seinen Weg über das Gelände bahnt. Tatsächlich handelt es sich bei den Gleisabschnitten um ein bewusst konzipiertes Netz – „eine sogenannte Gleisharfe“, wie Bührdel sagt, in der jedes Einzelgleis von einem zentral gelegenen geraden Gleis abzweigt und an anderer Stelle wieder einmündet. Die einzelnen Abschnitte bilden jeweils einen Prüfstand mit unterschiedlich engen Kurven. „So können wir testen, wie hoch die Entgleisungsgefahr etwa für einen Güterwagen ist“, erklärt der 34-Jährige.

TS_Bührdel Crashtest

Voller Körpereinsatz beim Crashtest.

Echte Besonderheit

Die Kollegen, die eben noch in der Halle standen, sind mittlerweile an einer Bogenkreuzung zugange, die speziell für Eisenbahnwagen mit kleinen Rädern konzipiert ist. „Und da vorne sind andere Kollegen mit den Vorbereitungen für eine Wagen-gegen-Wagen-Crashprüfung beschäftigt“, sagt Felix Bührdel, während wir ein paar Meter weitergehen, wo sich der verwundene Messgleisbogen befindet – „eine echte Besonderheit“. Der Prüfstand wurde 2003 installiert und machte es erstmals in Deutschland möglich, die Kräfte zu messen, mit denen das Fahrzeug durch sein Eigengewicht senkrecht auf die Schiene drückt. So wird das Risiko für das sogenannte Aufklettern des Spurkranzes bestimmt, durch das der Zug entgleisen kann.

Noch ein Stück weiter befindet sich ein Auflaufprüfstand mit Fährbootrampe. „Die Frage ist ja: Klemmt irgendetwas? Sind alle Kabel und Leitungen lang genug, wenn ein Eisenbahnfahrzeug auf eine Fähre verladen wird?“, erklärt Bührdel die Vorrichtung.

Wir sind wieder an der Stelle angekommen, wo Wagen gezielt auf einen Betonblock gecrasht werden – ganz wie in Hollywood eben. Dass Sachsen wohl nie Kalifornien sein wird, stört den Ingenieur nicht. „Wir haben doch hier viel globalere Kunden“, sagt Bührdel und lacht, bevor er sich für den Rest des Tages an seinen Schreibtisch verabschiedet.

Mehr zur Arbeit im Eisenbahn-Crashzentrum gibt es im Video:

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