Die IVDR ist die derzeit gültige regulatorische Grundlage für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von In-vitro-Diagnostika (IVD) auf dem europäischen Markt.
Nach ihrer Veröffentlichung am 5. Mai 2017 im Amtsblatt der EU trat die neue IVD-Verordnung am 26. Mai 2017 in Kraft und ersetzte nach und nach die frühere EU-Richtlinie über In-vitro-Diagnostika (98/79/EG).
Als EU-Verordnung ist die IVDR sofort in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) rechtskräftig. Eine Umsetzung in das nationale Recht der einzelnen Mitgliedsstaaten ist nicht mehr erforderlich. Die Mitgliedsstaaten können ihre nationalen Gesetze jedoch entsprechend anpassen, um einige der Anforderungen im Detail zu untermauern.
Entsprechend der Verordnung (EU) 2022/112 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Januar 2022 richtet sich die Übergangsfrist nach der Risikoklasse des IVD-Produkts gemäß der derzeitigen Richtlinie und der künftigen Verordnung sowie weiteren Bedingungen:
Die folgende Abbildung gibt Ihnen einen Überblick über alle Fristen zu den Übergangsbestimmungen der Verordnung 2022/112:
Weitere Voraussetzung ist, dass sich weder am Design noch an der Zweckbestimmung des Produkts wesentliche Veränderungen ergeben haben und das Produkt auch weiterhin gemäß Artikel 110 (3) der IVDR die Anforderung der IVD-Richtlinie erfüllt.
Gemäß Artikel 110 (3) der IVDR gelten einige Anforderungen der IVDR (zum Beispiel Überwachung nach Inverkehrbringen, Vigilanz, Registrierung der Wirtschaftsakteure, Marktüberwachung) jedoch seit Geltungsbeginn der Verordnung (Date of Application, DoA).
Obwohl die IVDR bereits verbindlich anzuwenden ist, werden nach wie vor Durchführungsrechtsakte (DFR), delegierte Rechtsakte (DR) und Leitfäden veröffentlicht. IVD-Hersteller sind gut beraten, bezüglich dieser veröffentlichten Rechtsakte und Leitfäden stets auf dem Laufenden zu bleiben.
Da die meisten IVD künftig von einer Benannten Stelle geprüft und freigegeben werden müssen, ist hier ferner mit Verzögerungen zu rechnen. Wir empfehlen daher den Herstellern von bereits zugelassenen Medizinprodukten, sich mit ihren Benannten Stellen in Verbindung zu setzen, um mögliche Fragen bezüglich ihrer derzeit zugelassenen IVD zu klären, umgehend einen Plan zur Lösung eventueller Probleme zu erarbeiten und eine reibungslose Umstellung auf die IVDR-Anforderungen sicherzustellen.
Wir sind weltweit die größte von der EU benannte Stelle für alle Arten von Medizinprodukten, die in den Geltungsbereich von EU-Richtlinien und EU-Verordnungen fallen. TÜV SÜD ist unter der neuen IVDR als Benannte Stelle designiert. Da die neue Verordnung strengere Anforderungen für Benannte Stellen einführt, brauchen alle derzeit bestehenden Benannten Stellen eine neue Benennung. Für die Hersteller ist es somit von größter Wichtigkeit, mit einer Benannten Stelle zusammenzuarbeiten, die ihren Status auch nach Inkrafttreten der neuen Verordnung behält.
Für die meisten IVD-Hersteller wird sich die Umstellung auf die neue Verordnung wahrscheinlich als kompliziert und zeitaufwendig erweisen, denn der Entwicklungsprozess ist bei den meisten Medizinprodukten komplex. Außerdem müssen sich die Hersteller mit den neuen regulatorischen Anforderungen auseinandersetzen und die Freigabe der Benannten Stellen einholen. Die Anforderungen der neuen Verordnung gelten auch für Produkte, die bereits zugelassen und entsprechend den alten Richtlinien in Verkehr gebracht wurden. Auch sie müssen sich einer neuen Bewertung und Zulassung unterziehen.
Die Hersteller müssen ein der Risikoklasse ihres Produkts entsprechendes Konformitätsbewertungsverfahren beantragen. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für die einzelnen Verfahren finden Sie hier (engl.).
Hier finden Sie Informationen darüber, welche Themen im Strukturierten Dialog behandelt werden, wie der Ablauf ist und wie Sie uns kontaktieren können.
Die neue Verordnung über In-vitro-Diagnostika (In vitro Diagnostics Regulation, IVDR) unterscheidet sich in mehreren wichtigen Punkten von der EU-Richtlinie für IVD. Zu den wichtigsten Änderungen zählen:
Der Geltungsbereich der Verordnung wird gegenüber dem der Richtlinie signifikant erweitert und umfasst künftig unter anderem auch Produkte mit hohem Risiko, die zur Verwendung in einer einzigen Gesundheitseinrichtung hergestellt werden, IVD für diagnostische (auch internetbasierte) Services sowie genetische Untersuchungen und andere Tests, die über die Prädisposition von Patienten für eine bestimmte Krankheit bzw. die Wirkung einer Behandlung Informationen liefern.
Die IVDR verwendet ein neues, auf Risikoregeln basierendes Klassifizierungssystem, das auf den Grundsätzen der Globalen Arbeitsgruppe für Harmonisierung (Global Harmonization Task Force, GHTF) beruht. Das System umfasst die Risikoklassen A bis D, wobei A für Produkte mit geringem Risiko und D für die Produkte mit dem höchsten Risiko für Patienten und Öffentlichkeit steht. Die Verordnung enthält keine Listen, sondern definiert Regeln für die ordnungsgemäße Klassifizierung von IVD-Produkten.
IVD-Hersteller müssen in ihrer Organisation mindestens eine Person benennen, die letztendlich für die Einhaltung der Anforderungen der neuen Verordnung zuständig ist. Die Organisation muss nachweisen, dass diese Person für die geforderten Aufgaben entsprechend qualifiziert ist.
Durch das mit der IVDR eingeführte System der risikobasierten Klassifizierung wird voraussichtlich bei der Zulassung aller IVD, mit Ausnahme der IVD in Klasse A, die Mitwirkung einer Benannten Stelle gefordert. Folglich müssen künftig über 80 Prozent aller IVD von einer Benannten Stelle geprüft werden. Zum Vergleich: Bislang galt dies für weniger als 8 Prozent der IVD. Gleichzeitig gelten mit der IVDR signifikant strengere Anforderungen für die Benennung und Überwachung der Benannten Stellen.
Die Verordnung über In-vitro-Diagnostika fordert ein System der einmaligen Produktkennung (unique device identification, UDI). Diese Anforderung soll die Rückverfolgbarkeit der Produkte für Hersteller vereinfachen und so einen schnellen und effizienten Rückruf von IVD ermöglichen, die ein Sicherheitsrisiko darstellen.
Die Technische Dokumentation muss künftig beträchtlich detaillierter sein. Die IVDR fordert von den Herstellern klinische Studien zur Leistung und den Nachweis, dass Sicherheit und Performance der Produkte für die jeweilige Risikoklasse des Produkts angemessen sind. Die Hersteller müssen im Rahmen einer fortlaufenden Bewertung der potenziellen Sicherheitsrisiken auch nach dem Inverkehrbringen klinische Performance-Daten erheben und archivieren.
Die zuständigen Behörden und die Referenzlaboratorien (sofern benannt) müssen in die Konformitätsbewertung von Hochrisikoprodukten einbezogen werden, was zu verlängerten Konformitätsbewertungsverfahren führen wird. Die strengeren Benennungsregeln für Benannte Stellen führen dazu, dass es weniger Benannte Stellen für IVD geben wird.
Laut der IVDR müssen alle derzeit genehmigten In-vitro-Diagnostika erneut nach den neuen Anforderungen zertifiziert werden. Hersteller von bereits auf dem Markt zugelassenen Produkten mussten die Einhaltung der neuen Anforderungen der IVDR bis zum 26. Mai 2022 nachweisen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Übergangsfrist für bestimmte Produkte jedoch verlängert werden (weitere Informationen zu den Übergangsfristen finden Sie im Abschnitt „Zeitrahmen für die Umstellung“).
Unter Inverkehrbringen versteht man, dass ein Produkt hergestellt und vom Hersteller oder Importeur an eine andere juristische Person verkauft wird. Eine Übertragung des physischen Produkts ist dabei nicht unbedingt erforderlich. Alle weiteren Abgaben des Produkts nach Inverkehrbringen, z. B. von einem Händler an einen Endverbraucher gelten als Bereitstellung auf dem Markt. Sowohl das Inverkehrbringen als auch die Bereitstellung auf dem Markt beziehen sich auf jedes einzelne Produkt, nicht auf einen Produkttyp und nicht darauf, ob das Produkt als Einzelstück oder in Serie hergestellt wurde.
Einzelne Produkte, die nach Geltungsbeginn der IVDR auf den Markt gebracht werden, müssen somit die Anforderungen der IVDR erfüllen, selbst wenn das gleiche Produktmodell bzw. der gleiche Produkttyp schon vor Geltungsbeginn der IVDR angeboten wurden.
Mit der IVDR wurden zahlreiche Änderungen der regulatorischen Anforderungen für IVDs in der EU eingeführt. Diese Veränderungen erfordern massive Investitionen (an Zeit, Ressourcen und Finanzmitteln) seitens der Hersteller zur Erfüllung der neuen Anforderungen. Darüber hinaus sind nach wie vor nicht alle Leitfäden, Durchführungs- und delegierte Rechtsakte veröffentlicht. IVD-Hersteller sind daher gut beraten, sich über alle Änderungen der IVDR auf dem Laufenden zu halten und gemeinsam mit ihren Benannten Stellen die fristgerechte Prüfung und Zulassung ihrer Produkte sicherzustellen.
Für aktuelle Informationen, folgen Sie uns auf unserer Healthcare & Medical Devices-LinkedIn-Seite.
Die von der Medical Device Coordination Group (MDCG) veröffentlichten Leitfäden finden Sie auf der EU Commission-Website.
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