Trainer Sein - Themen für Trainer:innen
Was wäre die TÜV SÜD Akademie ohne freiberufliche Trainer:innen? Ein Smart Home ohne Steuerungs-App oder ein Qualitätsmanagement mit Handbuch, aber ohne QMB. Welchen Vergleich Sie auch passender finden, klar ist, dass Trainer:innen unsere Räume, Trainingsformate und Inhalte mit Leben füllen und sicherstellen, dass wir unsere Verkaufsversprechen einlösen können.
Aus diesem Grund wählen wir unsere Experten sorgfältig aus, weisen sie gründlich in ihre künftigen Trainings ein und begleiten sie bei ihren ersten Trainingseinsätzen. Diese Themenseite ist ein weiteres Angebot für unsere Trainer:innen und solche, die es werden wollen. Hier greifen wir Themen aus der „Akademiewelt“ auf, die für die freiberufliche Trainertätigkeit in der TÜV SÜD Akademie eine Rolle spielen.
Interview mit Doris Stengl-Hermann am 18.11.2024
TM: Hallo Doris, Du bist bei der TÜV SÜD Akademie nicht nur Head of Governance, sondern auch Local Compliance Officer. Warum gibt es bei TÜV SÜD Local Compliance Officer?
Stengl-Hermann: Weil Compliance so wichtig ist für TÜV SÜD. Deswegen wurde die Entscheidung getroffen für alle Gesellschaften ein Compliance Management System (= CMS) einzurichten. Dieses System orientiert sich am Aufbau von Managementsystemen. Im CMS ist eine Säule die Organisation: Jede TÜV SÜD Gesellschaft hat einen Local Compliance Officer (= LCO) benannt, d.h. in jeder Gesellschaft ist eine unabhängige Person für das Thema Compliance verantwortlich, die für Fragen im Team da ist und Bindeglied zwischen operativen Bereichen und zentraler Organisation ist.
TM: Warum ist Compliance besonders für TÜV SÜD so wichtig und was haben unsere Lieferanten bzw. unsere Trainer*innen damit zu tun?
Stengl-Hermann: Compliance bedeutet Regelkonformität, Rechtstreue, aber auch die Einhaltung von Regeln, die sich Unternehmen selbst gegeben haben. Wir sind als TÜV SÜD Teil der TIC-Branche (Testing, Inspection, Certification) und verkaufen Produkte, die auf Regeln und regelkonformes Verhalten abzielen. Die Einhaltung von Regeln ist für unsere Glaubwürdigkeit fundamental. Man könnte auch sagen: Compliance ist der Kern unserer Marke. Zum anderen wird davon ausgegangen, dass nur ein Unternehmen, das compliant ist, auf Dauer nachhaltig sein kann und Nachhaltigkeit ist der zweite große Wert, den wir bei TÜV SÜD haben. Kund*innen unterscheiden nicht zwischen Zulieferern und TÜV SÜD. Eine Kundin schraubt ihre Ansprüche nicht herunter, nur weil ein Zulieferer beteiligt ist. TÜV SÜD würde nicht als compliant wahrgenommen, wenn wir z.B. Waren, die wir beziehen, in Kinderarbeit produzieren ließen. Kund*innen erwarten, dass bei allem, wo TÜV SÜD „draufsteht“, auch alles, was mit TÜV SÜD verbunden wird, gilt. Deswegen ist es so wichtig, dass Compliance für die gesamte Lieferkette gilt. Und nicht zuletzt schreibt dies auch der Gesetzgeber vor durch das Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz.
TM: Das Beispiel mit der Kinderarbeit ist absolut einleuchtend. Kannst du noch ein weiteres Beispiel nennen?
Stengl-Herrmann: Wenn wir Sponsoring machen und uns als Akademie verpflichten, für jede VC-Anmeldung einen Baum zu pflanzen, dann passt das zu unserem Markenkern, der Nachhaltigkeit. Kund*innen würden hingegen nicht verstehen, wenn wir als TÜV SÜD eine Organisation durch Spenden unterstützen, die etwas produziert, das einen hohen CO2-Fußabdruck hat. Wir genießen bei unseren Kund*innen großes Vertrauen. Dieses Vertrauen müssen wir schützen. Wenn ein Mitarbeitender von Lieferant*innen etwas entgegennimmt, muss dieser sich fragen: „Welchen Eindruck hätte ein unbeteiligter Dritter, wenn ich darüber erzähle. Hätte ich das Gefühl, dass ich mein Verhalten erklären muss?“ Dabei sind wir vielleicht noch gar nicht in einem rechtskritischen Bereich. Aber auch der Bereich, in dem sich Fragen auftun, spielt schon eine Rolle. Hier müssen wir weiter sensibilisieren und lernen, solche Verhaltensweisen zu identifizieren.
TM: Unsere Lieferanten mussten das Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz akzeptieren. Begeben wir uns doch gedanklich mal in einen Seminarraum: Wie verhält sich eine Trainerin als Lieferantin regelkonform oder compliant? Kannst du dafür ein Beispiel geben?
Stengl-Herrmann: Stellen wir uns beispielsweise eine Veranstaltung vor, bei der ich als Trainerin Anschauungsmaterial dabeihabe. Da wäre es wichtig, deutlich zu machen, dass das nur ein Produkt unter vielen ist und es noch weitere Hersteller gäbe, anhand derer man den Sachverhalt (z.B. in der Elektrotechnik) hätte veranschaulichen können. Auch wenn ein Tool oder eine Software genutzt wird, sollte deutlich gemacht werden, dass das nur eine von mehreren Möglichkeiten ist. Für unsere Kunden darf es keinerlei Zwang geben, ein bestimmtes Produkt zu nutzen. Das ist wichtig, um zu verdeutlichen, dass die Neutralität von TÜV SÜD auch in unseren Seminaren vorhanden ist und es schützt zudem vor dem Vorwurf, egal ob berechtigt oder unberechtigt, dass hier evtl. irgendwelche Gefälligkeiten im Raum stünden, nach dem Motto: „Du erzählst von diesem System und was bekommst du dafür? Einen Eintritt in die VIP-Lounge der Allianz Arena?“ Viele Menschen würden sagen: „Das hat so ein Gschmäckle“. Da ist der Grat einfach sehr schmal. d.h. selbst wenn ein Verhalten noch kein Regelverstoß war, kann es den Anschein erwecken, als sei es einer gewesen. So etwas wieder aus dem Weg zu räumen ist kaum möglich.
TM: Aus organisatorischen Gründen haben wir auch in den Trainingscentern Anschauungsmaterial. Hier ist die Kommunikation wichtig. Wir weisen in diesen Fällen explizit darauf hin, dass dies nur exemplarisch zur Veranschaulichung dient und das Material auch von anderen Herstellern verwendet werden kann.
Wir leben in einer Welt, in der wir gewöhnt sind, alles zu bewerten. Als Akademie holen wir aktiv das Feedback unserer Teilnehmenden ein und bieten an, dass bei Bedenken auch anonyme Hinweise über den Trust Channel des TÜV SÜD gegeben werden können, z.B. wenn größere Unregelmäßigkeiten in einem Seminar erlebt werden. Was genau ist der Trust Channel und welche Rückmeldungen erreichen uns darüber?
Stengl-Herrmann: Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der TÜV SÜD Trust Channel. Das ist die Möglichkeit, sowohl für Mitarbeitende, aber auch für externe Stakeholder aller Art, „Hinweise“ zu geben. Der Begriff „Hinweis“ ist ein Ausdruck aus dem Hinweisgeberschutzgesetz. Dort wird vorgeschrieben, dass solchen Hinweisen nachzugehen ist, dass diese geprüft werden müssen und dem Hinweisgebenden dadurch kein Nachteil entstehen darf. Deswegen ist der Trust Channel so aufgebaut, dass ein Hinweis entweder völlig anonym, mit oder ohne Rückfragemöglichkeit an die hinweisgebende Person gegeben werden kann oder eben auch nicht anonym, also mit Nennung wer ich als Hinweisgeberin bin. Über diesen Kanal erreichen uns auch Hinweise von Seminarteilnehmenden, z.B. von einer Person, die unzufrieden war mit der Art der Durchführung. Wenn beispielsweise der Praxisbezug fehlte, auf den in der Seminarausschreibung explizit hingewiesen wurde. Es können aber auch Hinweise über Aussagen eines Trainers/einer Trainerin eingehen, die als diskriminierend empfunden wurden. Diese Rückmeldungen können selbstverständlich umgehend vor Ort mit Kolleg*innen oder im direkten Gespräch mit der Trainerin/dem Trainer thematisiert werden. Es gibt aber Fälle, bei denen Betroffene einen übergeordneten Kanal nutzen möchten. Hier ist der Trust Channel ein Weg, einen Sachverhalt zu melden und ggf. auch Unzufriedenheit, wie wir als TÜV SÜD zum Beispiel mit einer empfundenen Diskriminierung umgegangen sind. Meine Aufgabe als Local Compliance Officer der TÜV SÜD Akademie ist es dann, den Hinweis zentral zu prüfen, Informationen zusammenzutragen und die Relevanz sicherzustellen. Bei einem relevanten Hinweis legen wir dann Maßnahmen fest und prüfen nach einem bestimmten Zeitraum, ob die Maßnahme das gewünschte Ergebnis erzielt hat, sprich wirksam war.
TM: Ich möchte noch einmal auf dein Beispiel der erlebten Diskriminierung zurückkommen. Warum ist auch hier eine Sensibilisierung nötig?
Stengl-Herrmann: Wir fordern als TÜV SÜD von allen Mitarbeitenden und Lieferanten, dass sie sich gegenüber allen Personengruppen fair verhalten und dulden keine Diskriminierung. Als TÜV SÜD nehmen wir Inklusion und Vielfältigkeit ernst. Auf diese Prinzipien haben wir im Supplier Code of Conduct auch alle unsere Lieferanten verpflichtet. Sensibilisierung ist wichtig, da sich Zeiten ändern. Ich gehe mal 30 Jahre zurück, da war es vielleicht gar nicht so ungewöhnlich, dass irgendwelche Witze auf Kosten einer bestimmten Personengruppe gemacht wurden. Sicherlich haben sich auch damals schon viele Menschen dabei unwohl gefühlt, aber heute ist diese Art von Humor einfach nicht mehr akzeptabel. Und wir dulden weder, dass sich Mitarbeitende noch Lieferant*innen diskriminierend in Richtung von Frauen, Männern, Nationalitäten, Religionen etc. äußern oder verhalten. Meldet sich ein Teilnehmender über den Trust Channel oder direkt bei uns vor Ort und teilt mit: „Ich fühle mich diskriminiert und fühle mich unwohl. Ich weiß gar nicht, ob ihr der richtige Weiterbilder für mich seid, wenn ich mich in einem Seminar so fühle.“, müssen wir das ernst nehmen. Und wir erwarten von allen Mitarbeitenden und Trainer*innen hier aufmerksam zu sein. Auch ein gedankenlos daher gesagter Satz kann negative Auswirkungen haben und deswegen ist die Maxime: Wir sind ein vielfältiges Unternehmen und wir diskriminieren nicht.
TM: Die Maxime sich gegen jede Form von Diskriminierung zu positionieren ist für ein global tätiges, vielfältiges Unternehmen elementar. Sie ist zudem sehr wichtig, da wir uns als Akademie dem Weiterbilden und Lernen verschrieben haben. Positive Emotionen erleichtern den Merkprozess und das Verstehen. Eine wirksame Lernumgebung ist nur dann gegeben, wenn sich Lernende willkommen und eingebunden fühlen.
Kannst du bitte zuletzt noch erläutern, welche Konsequenzen ein Compliance-Verstoß, ein Verstoß gegen den Supplier Code of Conduct für einen Lieferanten haben könnte?
Stengl-Herrmann: Es gibt bei allen Compliance-Themen eine Null-Toleranz-Politik des TÜV SÜD. Wenn sich ein eingegangener Hinweis als Verstoß herausstellt, gibt es eine direkte Reaktion. Bei Lieferant*innen kann es zur Beendigung des Lieferantenverhältnisses führen. Nur diese Nulltoleranzpolitik führt zu der notwendigen Ernsthaftigkeit. Wenn ein Stakeholder einen Hinweis auf einen möglichen Verstoß meldet und es würde dann nichts passieren, hätten wir zwei negative Effekte: einmal für den Hinweisgebenden, der den Eindruck erhält, wir meinten es nicht ernst und für denjenigen, der möglicherweise den Verstoß begangen hat und dann denkt, der Verstoß sei OK.
TM: Vielen Dank, dass du uns einen Einblick in unsere Compliance Organisation, den TÜV SÜD Trust Channel und deine Aufgaben gegeben hast.
Sie sind noch nicht für uns aktiv und als Spezialist:in daran interessiert, Ihr Wissen weiterzugeben?
Orientieren Sie sich gern auf unserer Seite „Trainer werden“. Dort finden Sie alle wichtigen Informationen rund um den Bewerbungsprozess und das Onboarding.
Nachfolgend finden Sie zwei Videos mit Informationen zu den Unterschieden zwischen
"Virtuellem Klassenzimmer" und "Live Online Training / Präsenztraining":