Die IATF hat ihre Regeln für die Anerkennung und Aufrechterhaltung der IATF-Zulassung in der neuen 6. Ausgabe veröffentlicht. Auch wenn sich diese in erster Linie an Zertifizierer richten, so haben die Inhalte unmittelbare Auswirkungen auf die Anwender. Welche Änderungen auf Unternehmen zukommen, lesen Sie hier.
► Mit den neuen IATF 16949 Rules 6 kommt eine Vielzahl an neuen Regelungen auf die Anwender zu.
► Von der Auditplanung über neue Fristen bis hin zu Änderungen im Abweichungsmanagement.
► Unternehmen müssen sich zeitnah mit den neuen Regeln befassen.
Die Automobilindustrie spielt nach eigenen Regeln. Für Marktteilnehmer bedeutet das unter anderem, dass sie ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem (QMS) gemäß der IATF 16949 betreiben müssen, dem führenden Qualitätsstandard im Automotive-Bereich. Die aktuelle Normversion gilt seit 2016.
Am 1. April 2024 hat die International Automotive Task Force (IATF) jedoch die „Regeln für die Anerkennung und Aufrechterhaltung der IATF-Zulassung“ angepasst und in der neuen Ausgabe 6 veröffentlicht. Damit einher geht eine Vielzahl an Änderungen und Verbesserungen – nicht am Standard als solchen, sondern an den Regeln für Auditverfahren. Insgesamt sollen Zertifizierungsprozess und Auditverfahren effizienter werden.
Durch die Veröffentlichung der IATF 16949 Rules 6 gibt es neue Fristen. Die Regeln der Ausgabe 6 gelten verbindlich in sämtlichen Audits ab dem 1. Januar 2025. Sie lösen alle sanktionierten Interpretationen und FAQ sowie die aktuell gültige 5. Auflage ab.
Zertifizierungsstellen als auch zertifizierte Unternehmen müssen umfangreiche Änderungen umsetzen. Betroffen sind zahlreiche Bereiche: Anwendbarkeit, Kalkulation, Friständerungen, Site Extension & Remote Location, Konzernschema, Umzug (Relocation), Auditplanung und -durchführung sowie Abweichungsmanagement.
Um Unternehmen einen Eindruck des Änderungsumfangs zu vermitteln, werden hier beispielhaft einige davon thematisiert.
► Kalkulationen: Die Kalkulationsvorgaben bezüglich Reduzierungen für das Konzernschema sowie die Gesamtreduzierbarkeit wurden geändert. Dadurch kann sich je nach Unternehmenskonstellation die Auditzeit erhöhen. Zudem gibt es eine pauschale Festlegung der Zeiten für Abweichungen. So wird künftig pro Nebenabweichung mindestens eine halbe Stunde veranschlagt.
► Friständerungen: Überwachungsaudits können künftig nur noch alle 12 Monate (+/- 3 Monate) durchgeführt werden.
► Mindestabstandzeiten: Zwischen Stufe 1 und Stufe 2 des Erstzertifizierungsaudits sowie zwischen Special Audit 100 % Resolved und dem nächsten regulären Audit muss ein Mindestabstand von 20 bzw. 90 Tagen liegen.
► Bei Remote Locations wurde ein Due Date eingeführt: Das Intervall beträgt für Unterstützungsstandorte mit Entwicklung 12 Monate (+/- 3 Monate), ohne Entwicklung mindestens alle 24 Monate (+/- 3 Monate).
Site Extensions dürfen nicht weiter entfernt sein als 16 Kilometer (10 Meilen) bei einer maximalen Fahrzeit von 60 Minuten.
► Das Konzernschema muss künftig eine zentrale Stelle aufweisen, an der die Qualitätsmanagementfunktion angesiedelt ist. Diese ist verantwortlich für die Definition, Strukturierung und Kontrolle des gemeinsamen Qualitätsmanagementsystems.
► Relocation: Bei einem Standortumzug (relocation) – von einem ganzen Standort oder einer teilweisen Produktionsverlagerung – benötigt der Zertifizierer nun innerhalb von 30 Kalendertagen ab der Benachrichtigung Informationen zum Umfang und zeitlichem Ablauf.
► Auditplanung: Künftig muss 90 Tage vor dem Due Date der Audittermin fest vereinbart sein bei Wiederholungs-, Transfer- sowie Überwachungsaudits. Die geforderten detaillierten Informationen zur Auditplanung sind dem Zertifizierer/Auditor mindestens 30 Tage vor dem Audit zu übermitteln, damit ein Auditplan erstellt und dem Kunden bis 14 Tage vor dem Audit vorgelegt werden kann.
► Auditdurchführung: Die zu prüfenden Informationen und Inhalte wurden deutlich erweitert. Audits sind nun generell vor Ort durchzuführen. Allerdings können Remote Locations unter bestimmten Voraussetzungen (siehe Anhang 2 der Rules 6) auch remote auditiert werden.
► Abweichungsmanagement: Die Frist für die Übermittlung von Sofortmaßnahmen bei Hauptabweichungen liegt nun offiziell bei 15 Tagen.
Unternehmen sind aufgefordert, sich die aktuellen Zertifizierungsvorgaben im Detail anzuschauen. Die oben genannten Beispiele stellen nur einen kleinen – wenngleich wichtigen – Teil der Neuerungen dar.
Unternehmen sollten sich möglichst bald mit den IATF 16949 Rules 6 vertraut machen. Auf den mehr als 100 Seiten finden sich vielzählige Änderungen, die es umzusetzen gilt. Die IATF-Zertifizierungsvorgaben 6. Ausgabe sind im Webshop des VDA erhältlich.
Sie wollen mehr über Qualitätsmanagement in der Automobilindustrie erfahren? Auf unserer Seite zur IATF-16949-Zertifizierung haben wir alle wichtigen Informationen für Sie zusammengestellt. Bei Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.