Anwendung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG in der Praxis

Unsere Updates aus der Schweiz

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Anwendung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG in der Praxis

In der Schweiz und innerhalb der EU dürfen nur Produkte in Verkehr gebracht werden, die den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen oder dem Stand des Wissens und der Technik entsprechen. Für Maschinen sind die Anforderung in der Schweiz über das Produktsicherheitsgesetzes (PrSG) mit Umsetzung über die Maschinenverordnung (MaschV) geregelt, welche sich weitgehend an der EU Maschinenrichtlinie 2006/42/EG orientiert.

Mai 2020


Abbildung: Beispiele für Maschinen nach Maschinenrichtlinie 2006/42/EG

Die Definition einer vollständigen Maschine ist weit gefasst und beispielsweise definiert als „eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind“.

Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG unterscheidet zwischen vollständigen und unvollständigen Maschinen. Die Kennzeichen einer unvollständigen Maschine sind, dass diese „eine Gesamtheit, die fast eine Maschine bildet, für sich genommen aber keine bestimmte Funktion erfüllen kann. Ein Antriebssystem stellt eine unvollständige Maschine dar. Eine unvollständige Maschine ist nur dazu bestimmt in andere Maschinen oder in andere unvollständige Maschinen oder Ausrüstungen eingebaut oder mit ihnen zusammengefügt zu werden, um zusammen mit ihnen eine Maschine im Sinne der Richtlinie zu bilden“.

Für die Praxis stellt sich die Frage, welche Arbeitsmittel unter den Begriff der Maschine fallen, ob es sich um eine vollständige, unvollständige Maschine oder eine Gesamtheit von Maschinen (Maschinenanlage) handelt und ob die Anforderungen der MaschV / Maschinenrichtlinie eingehalten sind.

Arbeitsmittel die unter die Maschinendefinition der Maschinenrichtlinie fallen sind beispielsweise:

  • Pumpen (vollständige oder unvollständige Maschinen je nach Lieferzustand)
  • Behälter mit Rührwerk
  • Werkzeugmaschinen (Drehmaschinen, Ständerbohrmaschinen, Abkantmaschinen, …)
  • Verfahrenstechnische Anlagen (Prozessanlagen der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Kraftwerke, Abwasseranlagen, Anlagen zur Herstellung von Papier, …)
  • Angetriebene Armaturen (vollständige oder unvollständige Maschinen je nach Lieferzustand)

Zum Hersteller mit den zugehörigen Pflichten wird derjenige, der eine Maschine zum Fremd- oder Eigengebrauch konstruiert.


Die folgenden Fragen müssen dazu gestellt werden:

  • Fällt das Arbeitsmittel unter die Maschinenrichtlinie?
  • Wer ist Hersteller der Maschine?
  • Um welche Art Maschine handelt es sich (vollständige Maschine, unvollständige Maschine, Gesamtheit von Maschinen)?
  • Welches Konformitätsverfahren ist anzuwenden?
  • Wer führt das Konformitätsverfahren durch?

Sind die Kriterien der Maschinendefinition erfüllt, führt der Hersteller oder sein Bevollmächtigter ein Konformitätsverfahren nach Maschinenrichtlinie durch. Zur Wahl des zutreffenden Konformitätsverfahrens muss geprüft, ob es sich um eine Maschine nach Anhang IV oder Anhang VIII handelt.

Der Anhang IV beinhaltet eine detaillierte Aufzählung von Maschinen, es handelt sich dabei beispielsweise um Sägemaschinen, Hobelmaschinen, Fräsmaschinen oder Pressen. Für diese Art von Maschinen ist neben der Anwendung harmonisierter Normen und Berücksichtigung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen nach Anhang I der Maschinenrichtlinie, das Verfahren der internen Fertigungskontrolle (Anhang VIII) und das EG Baumusterprüfverfahren (Anhang IX) anzuwenden.

Werden die zu bewertenden Maschinen nicht im Anhang IV aufgeführt, so führt der Hersteller oder sein Bevollmächtigter das in Anhang VIII vorgesehene Verfahren zur Konformitätsbewertung mit interner Fertigungskontrolle bei der Herstellung von Maschinen durch.

Um die Verpflichtungen zu erfüllen, sind folgende Aufgaben zu erfüllen:

  • Risikobeurteilung durchführen
  • Anwendung zutreffender weiterer EU Richtlinien
  • Anwendung harmonisierter Normen und Berücksichtigung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen nach Anhang I der Maschinenrichtlinie
  • Betriebsanleitung erstellen (für vollständige Maschinen), Montageanleitung (für unvollständige Maschinen)
  • Dokumentation erstellen (Beschreibungen, Schaltpläne, Zeichnungen, …)
  • Erstellung der Konformitätserklärung und CE Kennzeichnung (Sonderregelung in CH)

Oft ist es in der Praxis so, dass die benötigten Dokumentationen vorhanden sind und die systematische Einordnung, um welche Art von Maschine es sich handelt sowie die Festlegung wer die Rolle des Herstellers übernimmt nicht geregelt sind.
Die Anforderungen der Maschinenrichtlinie geben dabei einen systematischen Weg vor, um nachzuweisen, dass die erforderlichen Verpflichtungen erfüllt sind.

Bereits in Verkehr gebrachte Gebrauchtmaschinen weisen häufig einen niedrigeren sicherheitstechnischen Stand auf als in der Maschinenrichtlinie für Neumaschinen beim Inverkehrbringen gefordert. Für diese Fälle ist eine Nachrüstung auf der Basis von Risikobeurteilungen nach aktuellem Stand der Technik nötig. Bestandsschutz besteht nicht und es ist eine Risikobeurteilung für den Einzelfall erforderlich.
So ist für Gebrauchtmaschinen auf der Basis von Risikobeurteilungen oft die Nachrüstung von trennenden Schutzeinrichtungen bei ungeschützten Wellen erforderlich (Beispiele sind schnell drehende Wellen an Antrieben von Pumpen und Gebläsen, Drehmaschinen, Ständerbohrmaschinen, …). Des Weiteren soll für den Einzelfall geprüft werden ob z.B. die Nachrüstung eines Nothaltes erforderlich ist.

Autor:

Sören Altes

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