Der Stresstest ist eine Erweiterung der Wasserdruckprüfung. Er belastet als echte Festigkeitsprüfung und Belastungsprobe alle Rohre einer Fernleitung bis in die Nähe der tatsächlichen Streckgrenze, ohne in den schwächsten, fehlerfreien Rohren die zulässige Dehnung zu überschreiten.
Durch die hohe Belastung beim Stresstest werden Fehlstellen in den Rohren rechtzeitig erkannt und eliminiert, bevor es zum Schaden kommt.
Ist aufgrund erkannter Fehlstellen an der Fernleitung eine Sanierung notwendig, werden entweder "Intelligente Messmolche" eingesetzt oder man entscheidet sich für das innovative Sanierungsverfahren "Hot Sleeves". Ein Verfahren, mit dem Fehlstellen (Wanddickenminderungen, Riefen, ...) schnell und kostengünstig saniert werden können, ohne die Leitung zu entleeren, zu trennen oder Außerbetrieb zu nehmen.
Bei bestehenden Rohrleitungen können Routineprüfungen Informationen zum Sanierungsbedarf liefern. Besser jedoch ist es, eine spätere Schadensursache schon vor Inbetriebnahme der entsprechenden Leitung zu erkennen und auszuscheiden. Dabei sind integrale Prüfverfahren, wie der Stresstest, Einzelprüfungen vorzuziehen, da nur die integrale Prüfung alle festigkeitsmindernden Fehler erfasst.
Bis heute wurden weit über 20.000 Kilometer mit dem Stresstest geprüft und optimiert. Hierunter fallen auch ältere Leitungen, bei denen sich der Stresstest als erfolgreiche Rehabilitationsprüfung bewährt hat. In einigen Fällen sind Pipelines mit zahlreichen Fehlstellen schon von Ingenieuren aufgegeben worden, zeigten aber nach dem Stresstest wieder ein einwandfreies Betriebsverhalten. So lässt sich für eine bestehende Leitung teilweise bereits im Vorfeld nachweisen, ob ihr Betrieb über einen längeren Zeitraum zuverlässig gesichert werden kann. Dies erspart unter Umständen den Neubau einer Leitung.
Der Stresstest soll als echte Festigkeitsprüfung und Belastungsprobe alle Rohre einer Fernleitung bis in die Nähe der tatsächlichen Streckgrenze belasten. In einem quantifizierten (unterbrochenen) Stresstest mit Hochtrainier-Effekt wird sichergestellt, dass keine unzulässigen bleibenden Verformungen an den Rohren auftreten. Dies geschieht mit Hilfe von statistischen Auswertungen der tatsächlichen Festigkeitswerte und Wanddicken, der Messung des zugepumpten Wasservolumens sowie durch einen Trainiereffekt.
Wissenschaftliche Untersuchungen und praktische Erfahrungen im Feld zeigen: Die Wasserdruckprüfung ist mit ausreichend hohem Druck als integrales Prüfverfahren geeignet, die Rohrwandung - einschließlich der Schweißnähte - auf unzulässige Fehlstellen hin zu kontrollieren. Der Stresstest scheidet dabei Fehler an druckbeaufschlagten Bauteilen aus und korrigiert örtliche Formabweichungen sowie andere, die Festigkeit mindernde Fehlstellen.
Während der Errichtungsphase erfolgt die Qualitätssicherung durch Unternehmer, Bauherrn und Sachverständige.
Der Unternehmers ist zuständig für die Beaufsichtigung der Bau-, Schweiß- und Verlegearbeiten und benennt hierzu sachkundiges Aufsichtspersonal. Zusätzliche stichprobenweise Überprüfungen werden vom Bauherrn und von Sachverständigen durchgeführt.
Der Baufortschritt aller Bauteile, aller Schweißnähte, aller ZfP sowie jeglicher Besonderheiten (TS, Querungen ...) ist zu dokumentieren.
Auf die Einhaltung folgender Punkte ist bei der Errichtung von Fernleitungen besonderes Augenmerk zu legen:
Bei der Inbetriebnahme einer sicheren Leitung erfolgt der Nachweis der Integrität wie folgt:
Reparaturen lassen sich nicht vermeiden:
Arbeitsschutzmaßnahmen sind in allen Phasen der Errichtung und des Betriebs zu beachten. Sicher und umsichtig arbeiten vermeidet Unfälle.
Die Wasserdruckprüfung nach dem Stresstestverfahren wird abschnittsweise an der erdverlegten und möglichst vollständig mit Wasser gefüllten Rohrleitung vorgenommen. Dafür laufen Molche (pigs) bei der Befüllung gegen einen Vordruck. Dieser Wasser- oder Luftvordruck muss so groß ein, dass die Wassersäule zwischen Molch und Füllstelle während des gesamten Füllvorganges kompakt bleibt und an den örtlichen Hochpunkten nicht abreißt. Anschließend wird der Druck mit stoßfrei arbeitenden Hochdruckpumpen erhöht. Die zugepumpte Wassermenge wird auf der Saugseite der Pumpen mit Ultraschallzählern oder sonstigen Messeinrichtungen gemessen.
Gleichzeitig mit der Volumenmessung wird eine stufenweise Druckmessung mittels Druckwaage vorgenommen. Bei Erreichen der einzelnen Druckstufen wird das insgesamt zugepumpte Wasservolumen und das zwischen den Druckstufen zugepumpte Wasservolumen bestimmt.
Trägt man grafisch den Druck über das zum Aufpumpen des Abschnittes verpumpte Wasservolumen auf, so erhält man im elastischen Bereich eine Gerade. Die ersten Abweichungen von dieser Geraden zeigen das Erreichen der Proportionalitätsgrenze einzelner Rohre an. Größere Abweichungen von dieser Geraden geben zu erkennen, dass einzelne Rohre oder Rohrgruppen Beanspruchungen erleiden, die bis in den Bereich der tatsächlichen Streckgrenze gehen.
Das maximal zulässige Wasserzupumpvolumen ergibt sich aus einem elastischen Anteil der Rohrleitung (elastische Aufweitung der Rohre und Kompression des Wassers in den Rohren) und einer integralen bleibenden Umfangsdehnung der Rohrleitung. Die zulässigen Grenzwerte hierfür sind werkstoffabhängig festgelegt und durch umfangreiche Werkstoffuntersuchungen untermauert.
Die Drucksteigerungsrate liegt zwischen 1,5 bis 4 bar/Minute. Die Messwerte (Druck und zugepumptes Volumen) werden mit elektronischen Messwerterfassungsgeräten angezeigt und sofort in einem Diagramm aufgetragen.
Diagramm eines quantifizierten (unterbrochenen) Stresstests mit Trainiereffekt
Ein quantifizierter (unterbrochener) Stresstest mit Trainiereffekt (Abb. 1) wird angewendet, wenn aus Gründen der Fehlerausscheidung besonders hohe Drücke bei minimierten bleibenden Umfangsdehnungen erreicht werden sollen. Weitere Anwendungsbereiche sind Rohrleitungen aus Werkstoffen mit besonderem Dehnverhalten oder Prüfabschnitte mit größeren Höhenunterschieden. Abbildung 1 zeigt, dass durch diese Verfahrensweise mit geringeren bleibenden Dehnungen höhere Drücke erreicht werden können.
Abbildung 1:
Diagramm eines quantifizierten (unterbrochenen) Stresstests mit Trainiereffekt
Die an Proben von Rohrherstellern gemessenen Streckgrenzen wurden bei Druckprüfungen interessanterweise an manchen weichen Stellen zum Teil nur zu 75 Prozent und weniger erreicht. Diese reale Unterschreitung spiegelt zu hohe Streckgrenzenwerte vor, die auf zu hohe Geschwindigkeiten in Zugversuchen an den Proben oder der Probenlage zurückzuführen sind. Bei normalen Druckprüfungen ohne Volumenmessung wären diese Rohre unzulässig plastisch verformt, überdrückt und an der Isolierung beschädigt worden.
Abbildung 2 zeigt den zeitlichen Ablauf der Druckprüfungen an den Rohrleitungen. Zum besseren Ausscheiden von so genannten instabilen Fehlstellen sind zwei Haltezeiten von je 30 bis 90 Minuten erforderlich.
Abbildung 2:
Zeitlicher Ablauf der Druckprüfungen
Langsame Drucksteigerungsraten im oberen Druckbereich geben den Fehlstellen und ihrer Umgebung genügend Zeit zum Fließen bzw. zum Kriechen. Die Zeit für die Zwischenentlastung soll mindestens 30 Minuten betragen. Der Druck soll dabei so tief wie möglich sein, so dass der Druck am Hochpunkt der Leitung nur wenig über 0 bar liegt. Damit werden sich in der Nähe von Rissspitzen und sonstigen Fehlstellen plastische Rückverformungen (Stauchungen) bilden. Während der Zwischenentlastung durch Umlagerung und durch den so genannten Bauschinger-Effekt treten Stauchungen an Stellen mit hohen Zugspannungen und Dehnungen auf. Diese brauchen ebenfalls Zeit, bis sie ausgebildet sind.
Bei der zweiten Druckbelastung und während der Standzeit sind häufig noch Undichtheiten und Brüche aufgetreten. Ab 70 Prozent des vorgesehenen maximalen Prüfdruckes entstanden dabei mit einer gewissen Häufigkeit Lecks. Brüche traten meist erst kurz vor Erreichen des maximalen Prüfdruckes oder während der zweiten Standzeit auf.
Die Belastung des Druckes auf die Rohrleitung soll vorhandene Fehlstellen in der Rohrwandung ausscheiden. Das geschieht, wenn es an ihren Rändern - bzw. über den Restquerschnitt - zu einer Beanspruchung kommt, die in der Nähe der Trennfestigkeit entsprechend der Zugfestigkeit des Werkstoffes liegt. Örtlich begrenzte Fehlstellen, die durch die Beanspruchung der Druckprüfung Lecks hervorrufen, vergrößern sich nur unwesentlich in Walzrichtung des Bleches. Längere Fehler führen beim Aufreißen zu Brüchen.
Die Abbildung zeigt die Grenzflächengröße bei verschiedenen Druckprüfungen an einer 28"-Leitung. Diese wurde im Versuch ermittelt und durch bruchmechanische Berechnungen bestätigt.
Vergrößern sich die Fehler durch Betriebslastwechsel bis zur Fehlergröße der Betriebsdrucklinie, so kommt es zur Leckage oder zum Bruch im Laufe des Betriebes. Höhere Prüfdrücke erzeugen größere Umfangsspannungen in der Rohrleitung. Sie sondern bei gleicher Fehlerlänge Fehler mit geringerer Tiefe aus.
Oberflächenverletzungen, versprödete Risse oder martensitische Einlagerungen können ebenso Brüche auslösen, auch wenn die Fehlstelle selbst nur wenige Hundertstel Millimeter tief ist. In Wärmeeinflusszonen sind beim Vorhandensein von hohen Eigenspannungen ebenso Brüche möglich. Grund hierfür ist, dass diese Zonen durch Überreckung im warmen Zustand vorgeschädigt worden sind (Reparaturstellen, Bandverbindungen).
Die Ausscheidung von Rundnahtfehlern ist abhängig von der Querkontraktionszahl. Diese steigt erst bei Erreichen der Proportionalitätsgrenze von 0,3 auf 0,5 und erreicht so die Zugfestigkeit im Bereich des Rundnahtfehlers. Bei einer natürlichen, normalen Fehlerverteilung nimmt die Anzahl der ausgeschiedenen Fehler mit der Höhe der Umfangspannung überproportional zu. Mit höherer Festigkeit - und einem damit höheren Zugfestigkeitverhältnis - kommen beim Stresstest zunehmend kleinere Fehler zum Durchbruch. Die Geschwindigkeit der Druckanhebung hat einen großen Einfluss auf die Fehlerausscheidung. Die Kurven gelten für Drucksteigerungsraten zwischen ein und drei Prozent des Streckgrenzendruckes pro Minute. Dies entspricht im Allgemeinen einer Drucksteigerungsrate von 0,5 bis 3 bar pro Minute. Bei höheren Drucksteigerungsraten werden Fehler gleicher Größe auch erst bei größeren Drücken ausgeschieden. Dies zeigt, dass Druckprüfungen beim Rohrhersteller mit einer Zeitdauer von fünf bis zehn Sekunden zu keiner nennenswerten Fehlerausscheidung führen können.
Die Erfahrung lehrt: Es gibt kein ideal rundes Rohr.
Durch die Herstellung treten bestimmte, der Norm noch entsprechende, Formabweichungen teilweise gleichzeitig auf. Auch die Erdlast sowie der Verdichtungsgrad der verlegten Leitung führen zu entsprechenden Formabweichungen. Besonders bei Ovalitäten, Kantenversatz und Aufdachungen sind die zulässigen Grenzen in den Normen und Richtlinien als großzügig zu bezeichnen. Sollen die Spannungserhöhungsfaktoren bei Ovalitäten und vergleichbaren Formabweichungen auf Werte in der Größenordnung von 2 beschränkt werden, sind Prüfumfangspannungen von rund 85 Prozent der tatsächlichen Streckgrenze erforderlich. Durch eine Beanspruchung in dieser Höhe werden z. B. ellipsenähnliche Ovalitäten aufWerte unter zwei Prozent reduziert. Das bringt für die Lebensdauer der Rohre entscheidende Vorteile.
Für eine Rohränderung zur Idealform gilt: Je kleiner die örtliche Ausdehnung der Formabweichung, desto näher muss die Nennspannung an der tatsächlichen Streckgrenze liegen und umso höher muss die plastische Verformung in diesem Bereich sein. Bei bereits eingeerdeten Rohren muss zusätzlich noch der Erddruck durch die Verdichtung überwunden werden.
Durch den Stresstest werden Verlegespannungen und Eigenspannungen im Rohr in Umfangsrichtung abgebaut. Sie addieren sich zu den aufgebrachten Spannungen durch den Prüfdruck. Bei den ungleichförmig verteilten Eigenspannungen führt die über die Proportionalitätsgrenze hinausgehende Lasterhöhung nur zu verhältnismäßig geringer plastischer Verformung.
Durch die Umfangsspannung beim Stresstest werden die Eigenspannungen in dieser Richtung auf den gleichen Restbetrag von 15 bis 20 Prozent der Streckgrenze abgebaut - ähnlich wie beim Spannungsarmglühen. In der Nähe der verbleibenden Fehlstelle, insbesondere an den Rissspitzen, bringt der Stresstest Spannungsumlagerungen (Abbildung).
Dort führen sie im unbelasteten Zustand des Rohres zum Aufbau von hohen Druckvorspannungen. Für fehlerbehaftete Rohre aus Werkstoff X 52 mit gleichem Durchmesser und verschiedenen Wanddicken wurden die an Grenzfehlern zu erwartenden Volllastspiele bestimmt.
Diese Grenzfehler sind so angenommen worden, dass sie bei den Prüfbelastungen gerade nicht mehr ausgeschieden worden sind. Dies lässt erkennen, dass in der überdimensionierten Leitung mit einem Sicherheitsbeiwert von 3,5 oder Abnutzungsfaktor1) von 0,285 normalerweise weder die 1,3-fache noch die 1,5-fache Druckprüfung eine ausreichende Auslesemöglichkeit für Fehlstellen sein kann. Daraus wird ersichtlich, dass dickere Rohre ein schlechteres Verhalten haben, wenn sie Fehlstellen aufweisen. Die angegebenen Lastspielzahlen müssen nach einer 1,5-fachen Druckprüfung noch durch eine Lastspielsicherheit (SL = 5) dividiert werden.
In dünneren Leitungen bringt die 1,5-fache Druckprüfung eine bessere Fehlerausscheidung und damit höhere Lastspielzahlen. In diesem Fall wird eine Umfangspannung von 90 Prozent der spezifizierten Mindeststreckgrenze erreicht.
Die tabellarischen Werte zeigen eine prinzipielle Übereinstimmung mit den Forschungsarbeiten auf dem Gebiet von überlasteten Proben und Bauteilen: Nach einem quanitfizierten Stresstest mit Trainiereffekt ergibt sich normalerweise eine Lebensdauer > 8.000 Volllastspiele2), wenn sie die gleiche Wanddicke im gesamten Abschnitt aufweisen. Eine deutliche Zunahme der Lebensdauer ergibt sich für Rohre durch die Verringerung des Sicherheitsfaktors gegen diese 8.000 Volllastspiele (auf SL = 2,0 oder tiefer). Sobald die angegebene Lebensdauer erschöpft ist, wäre eine Wiederholungsdruckprüfung, eine Druckherabsetzung oder eine entsprechende Maßnahme fällig. Weiterhin ist zu erkennen, dass ein Prüfdruck sinnvollerweise vorwiegend in Abhängigkeit von der tatsächlichen Streckgrenze und nicht vom Betriebsdruck festgelegt werden sollte.
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1) Der Abnutzungsfaktor ist der Kehrwert des Sicherheitsbeiwertes
d.h. zu wieviel Prozent kann ich ein Material belasten, z.B. S = 3
d.h. Ausnutzungsfaktor 1/3 = 0,33 = 33% Ich kann mein Material
d.h meine gewährleistete Streckgrenze zu 33 % belasten.
2) Volllastspiel ist ein Begriff in der Lebensdauerbewertung von Teilen und bedeutet bei Rohren: ein Vollastspiel = ein Lastzyklus von drucklos bis zum max. ertragbaren Druck
Die nach den Beanspruchungen beim Stresstest verbleibenden Fehlstellen und Formabweichungen werden in ihrem Lastspielverhalten deutlich verbessert. Insbesondere an den Rissspitzen und an den Stellen mit hohen Spannungskonzentrationen wird durch die hohe Innendruckbelastung ein Fließen im Werkstoff einsetzen. Dies führt zu Formverbesserung in Richtung geringerer Spannungserhöhungsfaktoren und zu negativen Druckvorspannungen bei Druckentlastung.
Die Druckvorspannungen können bei entsprechender Höhe des Prüfdruckes sogar noch bei nachfolgenden Betriebsbelastungen im negativen Spannungsbereich liegen. Damit ist auch zu erklären, dass bei Lastspielversuchen an Proben mit Rissen unter gleich bleibenden dynamischen Belastungen das vorher festgestellte Risswachstum nach hoher Einzelbelastung zum Stillstand kam. Ein ähnliches Verhalten wurde auch bei Versuchen an durch Spannungsrisskorrosion geschädigten Großrohren festgestellt. Die Versuche zeigten außerdem: Das Risswachstum wird umso mehr verlangsamt bzw. gestoppt, je höher die Einzelvorlast und je größer der Abstand der Einzelvorlast zu den anschließenden dynamischen Betriebsbelastungen war.
Es hat sich gezeigt, dass die Probleme bei Rohrleitungen, in denen mit Fehlstellen gerechnet werden muss, nicht durch Erhöhung des Sicherheitsfaktors oder Druckherabsetzung zu lösen sind. Bei Rehabilitationen ist eine Ausscheidung der Fehlstellen erforderlich, die im weiteren Betrieb Leck- oder Bruchschäden ergeben könnten.
Da die Druckprüfungen nach dem Stresstestverfahren in Grenzbereiche vorstoßen können, sollten zu ihrer Planung erfahrene Experten hinzugezogen werden. Außerdem sollte vor Ort stets fachkundiges Aufsichtspersonal anwesend sein. Ein Stresstest setzt innerhalb des Prüfabschnittes ein annähernd gleiches Formänderungs-Verhalten der Bauteile und eine hinreichende Fixierung der Rohrleitung voraus. Falls einzelne Teile stärker bemessen sind oder durch große Höhenunterschiede mit unterschiedlichem (geringem) Innendruck beaufschlagt werden, können diese Teile nicht mehr als gestresst bezeichnet werden.
Eine Voraussetzung für die Wirksamkeit des Stresstests ist unter anderem, dass die Spannungen während der Prüfung und die Spannung im Betrieb in die gleiche Richtung gehen und sich in der Höhe genügend unterscheiden. Für Leitungen mit lochfraßartiger Korrosion reicht der Stresstest als einziges Sanierungsverfahren allerdings nicht aus. Diese Korrosionsstellen sind mit anderen geeigneten Prüfinstrumenten - wie - Intelligenten Molchen - aufzuspüren und bei Überschreiten der kritischen Größe zu entfernen.
TÜV-Sachverständige haben in Deutschland über Jahre hinweg eine Statistik über aufgefundene Mängel bei Druckprüfungen nach dem Stresstestverfahren geführt. Prüfungen an Gashochdruckleitungen und Ölpipelines ergaben eine Verteilung der ausgeschiedenen Fehler von je einem Drittel auf
Die Statistik macht sichtbar, dass durch die zerstörungsfreie Prüfung der Schweißnähte nicht alle Fehlstellen erkannt werden. Sie zeigt auch einen unvermutet hohen Anteil von Fehlstellen in der Wandung der Rohre. Diese werden durch die zerstörungsfreie Prüfung bei der Fertigung nicht erfasst.
Einige der Rehabilitationsprüfungen mit hohen Prüfdrücken konnten vergleichsweise viele Fehler ausscheiden. Hierbei handelte es sich um Leitungen, die schon seit längerer Zeit in Betrieb waren. An einer 180 Kilometer langen Leitung mit Spannungsrisskorrosion hat die Prüfung 41 Brüche und 31 Lecks ausgeschieden. An einem fünf Kilometer langen Rohrleitungsbündel aus HF-längsnahtgeschweißten Rohren konnten sieben fehlerhafte Schweißnahtbereiche ausgeschieden werden. Eine Schadensuntersuchung zeigte, dass bis zu 30 Prozent der Wanddicke nicht durchgeschweißt war. Beide aufgezeigten Rohrleitungen werden seit über zehn Jahren wieder ohne Schaden unter vollem Betriebsdruck genutzt.
Die durch die hohe Druckprüfung aufgefundene Fehlerhäufigkeit wurde bei anderen Gas- und Ölleitungen bestätigt: Auch hier kam es in der anschließenden Betriebszeit zu keinen Undichtheiten mehr.
Eine hohe Druckprüfung kann ohne nachteilige Folgen vorgenommen werden. Belegt wird dies durch Untersuchungen und praktische Erfahrungen an zahlreichen Pipelines mit bekannten oder vorher unbekannten Fehlstellen.
Der Stresstest bietet als hohe Druckprüfung die Möglichkeit, neu errichtete Pipelines zu optimieren und ältere Pipelines zu rehabilitieren, die z. B. Spannungsrisskorrosion oder auch rinnenförmige Korrosion aufweisen. Für Gasleitungen lassen Lastspieluntersuchungen mit verbliebenen Fehlstellen eine wieder gewonnene Lebensdauer jenseits von 80 Jahren erwarten. In einigen Fällen werden diese Leitungen sogar mit einem höheren Betriebsdruck als vorher betrieben.
Bei Ölleitungen kann sich nach der Druckprüfung, je nach Betriebsweise, eine Restlebensdauer von bis zu 30 Jahren ergeben - soweit keine innere und äußere Korrosion sowie gewaltsame Beschädigungen hinzukommen.
Der Stresstest ist zurzeit das einzige Prüfverfahren, das gefährliche Fehlstellen selbst ausscheidet. Man bezeichnet es daher auch als ein intelligentes Prüfverfahren. Hierbei hat die integrale Festigkeitsprüfung jedes einzelnen Bauteils eine vorbeugende Wirkung, weil die Rohrgeometrie durch das Beseitigen von Spannungsspitzen verbessert wird. Der Stresstest dient daher, im Gegensatz zu den meisten anderen Prüfverfahren, sowohl zur Überprüfung als auch zur Optimierung einer Rohrleitung. Das erhöht die betriebliche Sicherheit der geprüften Fernleitungen und gleichzeitig ihre Wirtschaftlichkeit.